Als ungeborenes Kind im Mutterbauch nehmen wir die Welt als wohlige und zugewandte Einheit auf deren Teil wir sind. Das Neugeborene nimmt sich selbst, die Mutter und das Umfeld weiterhin als Teil seines selbst wahr. Erst mit der Zeit lernt das Kind zwischen sich selbst und anderen Mitmenschen zu trennen, also, zu verstehen, dass es nicht mehr so mit einer es nährenden und fürsorglichen Welt verbunden ist, wie es das im Leib der Mutter war.
Das Kind erfährt, dass die Welt um es herum eigentlich fremd ist und nicht mit ihm verbunden. Es wird ihm klar, dass seine Mitmenschen anders sind und andere Bedürfnisse verfolgen, bzw. seine Bedürfnisse nicht erfüllen wollen. Dabei wird das Kind mit den negativen Gefühlen seiner Mitmenschen konfrontiert, ja auch Vorwürfe, Strafen sind ein gängiges Mittel, um ein Kind „zu erziehen“ und Konformität mit den Eltern zu erzwingen. Dabei erlebt das Kind Angst abgelehnt, verstoßen, bestraft zu werden. Die Stärke der Angst hängt davon ab, wie weit sich das Kind in der Erfüllung seiner Bedürfnisse mit den Eltern und dem Umfeld arrangieren kann und wie strafend die Erziehung ist.
Wenn das Kind nicht in der Lage ist seine Bedürfnisse gemäß seinen Gefühlen zu verfolgen, wird es diese Anteile in sich unterdrücken und abspalten. Es wird einen Teil seiner unerwünschten Persönlichkeit verleugnen, um Strafe und der ultimativen Angst aus der schützenden Obhut verstoßen zu werden, zu entgehen. Dies ist der Anfang des Verlusts von Authentizität und Verbindung zu einem selbst.
Wir sind Zeugen in der Geschichte unserer Weltgesellschaft, dass historische und leider gegenwärtige Kriege und Konflikte nicht immer nur der reinen Macht und Ressourcen wegen geführt wurden, sondern oftmals das Ziel hatten „das Fremde, die Fremden, das Böse und das Minderwertige“ zu strafen oder auszulöschen. Hunderte Millionen von Menschen wurden aus diesem Grunde in der Menschheitsgeschichte barbarisch getötet, weil man ihnen Minderwertigkeit oder Bösartigkeit unterstellte. Wir sind weiterhin Zeugen von täglichen Übergriffen und Hass auf Menschen, die den Tätern als „fremdartig“ erscheinen oder einfach anders als sie sind.
Warum ziehen das Fremde und Fremdartigkeit so eine Reaktion von Angst und Wut auf sich? Kann es sein, dass dies die Projektion der eigenen Angst und Wut ist, die man erlebt hat, als man für seine eigene Eigenart, also seine individuellen Bedürfnisse und Strategien schmerzvoll bestraft und ausgegrenzt wurde? Löst der Anblick eines Fremden diesen Schmerz der selbst erlebten erzwungenen Konformität mit den Erziehern (den Stärkeren) aus? Wird das Fremde dadurch zur Zielscheibe für den unterdrückten Frust? Ist das allgemeine Streben nach Macht (über andere) die Folge davon? Die wenigsten fremdenfeindlichen Übergriffe sind eine Folge direkter persönlicher Konflikte oder negativer Erfahrung.
Ein anderer Aspekt ist auch die übliche Neigung nach Konformität mit der Gesellschaft und nach Harmonie und einer Art Gleichklang in intimen Beziehungen. Wir haben es erlebt, dass wenn jemand anders und fremd ist, die Wahrscheinlichkeit, dass unsere Bedürfnisse erfüllt werden geringer ist, als, wenn man sich augenscheinlich ähnlich ist. Wir wollen uns mit anderen „verbinden“, um uns sicher zu fühlen, damit grundlegende Bedürfnisse, wie Akzeptanz, Wertschätzung, Nähe, Fürsorge, Schutz, Solidarität, Freundschaft, Intimität erfüllt werden können. Es ist einfacher sich mit Menschen zu verbinden, die einem ähnlich, nicht „fremd“ sind.
Je mehr wir uns aber mit der Wirklichkeit und der Vielfalt um uns verbinden wollen und sie Teil werden lassen wollen in unserer Innenwelt, um so mehr ist es notwendig, dass wir in der Lage sind zu Menschen die auf den ersten Blick völlig anders sind als wir und andere Bedürfnisse zu haben scheinen, Verbindung aufzubauen und sie wie jeden Menschen wertschätzen können. Dies gelingt über die Kommunikation von Gefühlen und Bedürfnissen, die alle Menschen auf der Welt teilen und verbinden. Wenn wir uns dadurch von den Verzerrungen der Angst befreien können, rücken wir der Realität ein Stück näher.
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GFK Einführungskurs: 16.-17. November 2024
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